Nicht gelobt ist wohl Kritik genug

26.7.23 | Bruchsaler Gemeinderat umgeht offene Diskussion zum finanziellen Debakel des Schloss-Festivals

Eines war besonders auffällig bei der gestrigen Gemeinderatssitzung: Während in fast jedem Redebeitrag zu fast jedem Tagesordnungspunkt die vortragenden Offiziellen der Stadt aus allen Ämtern mit einem gehörigen Lob für ihre ausgezeichnete Arbeit beglückt wurden, musste der Geschäftsführer der BTMV nach der Vorstellung seines Betriebsergebnisses für das vergangene Jahr auf solche Lobeshymnen verzichten.

Während er sich selbst in einer Pressemitteilung der BTMV trotz des finanziellen Desasters, das er zu verantworten hat, noch als „erfahrenen Eventmanager mit vielfältigen Erfahrungen im Bereich des Stadtmarketing, der Eventgastronomie und der Veranstaltungsplanung“ hat feiern können, wurden ihm solche Ehrungen seitens des Gemeinderats versagt. Es blieb ihm, der immer den erfolgsverwöhnten Strahlemann gab, nichts anderes übrig, als diese deutliche Form der Wertschätzung mit stoischer Miene über sich ergehen zu lassen.

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Wisst Ihr nicht, dass man das nicht darf

Rede von Rainer Kaufmann bei der Gedenkstunde zur Reichsprogromnacht am 9.11.2017 vor dem Bruchsaler Feuerwehrhaus

Zunächst vielen Dank den Initiatoren dieser Gedenkstunde, der Friedensbewegung, dass sie mich eingeladen hat, hier ein paar Gedanken beizusteuern. Ich spreche nicht für mich, ich weiß aus vielen Gesprächen, dass es viele Leute in Bruchsal gibt, die ebenso denken. Und ich weiß, dass es außerhalb von Bruchsal ja außerhalb Deutschlands einige Menschen gibt, die in den nächsten Monaten mit Interesse verfolgen, was hier an diesem Ort geschehen soll.

Dieser Platz ist ja wirklich eine einzigartige Situation vielleicht für ganz Deutschland: Hier stand die jüdische Synagoge, die in der Nacht zum 10. November 1938 abgefackelt wurde und die Bruchsaler Feuerwehr griff nicht ein, weil im Hydrant angeblich kein Wasser war. In den 50-er Jahren hat die Stadt das Gelände von der Jewish Restitution Successor Organisation gekauft und keine 20 Jahre nach der Vernichtung der Synagoge ausgerechnet hier ein Feuerwehrhaus gebaut. Was für eine historische Gedankenlosigkeit. Man könnte es auch Verantwortungslosigkeit nennen.

Nach den Recherchen von Rolf Schmitt gibt es noch vielleicht eine Handvoll ähnlicher Fälle in Deutschland. Allerdings ist uns bis heute kein Fall bekannt, dass es sich dabei um eine der rund 1.000 Synagogen handelte, die in der Reichsprogromnacht ohne Schutz der Feuerwehr abgebrannt wurden. In den wenigen anderen Fällen wurden die Synagogen nach dem Krieg erst abgerissen. Und einige der fragwürdigen Nachkriegs-Nutzungen wurden mittlerweile in eine Gedenk- oder Begegnungsstätte umgewidmet.

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Das 900.000 € teure Eigenlob

Ist das schon die Endabrechnung des Schlossfestivals vom vergangenen Jahr? Mitnichten.

Jetzt endlich hat man die Katze aus dem Sack gelassen, nachdem aus der Mitte des Gemeinderats – ehrlich gesagt, es war die FDP-Fraktion – der Antrag kam, das Schlossfest vom vergangenen Jahr endlich öffentlich abzurechnen. Die Stadt Bruchsal und die BTMV (Bruchsaler Tourismus, Marketing und Veranstaltungs GMBH) konnten daher nicht anders, als in einer gemeinsamen Pressemitteilung immerhin eines publik zu machen, nämlich das, was sie dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit als ihr Fazit des Schlossfestivals verkaufen wollten, das sie unverfroren als „im Herzen der historischen Stadtkulisse“ verortet haben. Als ob das Barockschloss das Herz der Stadt-Kulisse von Bruchsal wäre, auch der zentrale Ort der Stadtgeschichte. Soviel unverfrorene Geschichtsfälschung gab es selbst in Bruchsal noch nie: Die BTMV und die Stadtverwaltung bezeichnen das Schloss als „Herz der historischen Stadtkulisse“. Geht`s noch?

Unverfroren auch die Selbstdarstellung der verantwortlichen Veranstalter des Festivals. Dazu der Wortlaut der Pressemitteilung:

Die Bruchsaler Tourismus, Marketing und Veranstaltungs GmbH ist ein kommunales Unternehmen der Stadt Bruchsal, der bevölkerungsreichsten Gemeinde im Landkreis Karlsruhe im Bundesland Baden-Württemberg. Die Bruchsaler Tourismus, Marketing und Veranstaltungs GmbH führt für die Stadt Bruchsal Veranstaltungen aller Art durch und berät die Stadt Bruchsal bei der Konzeption, Durchführung und Umsetzung des Stadtmarketings. Ihr Geschäftsführer Herr Frank Kowalski ist ein erfahrenerer Eventmanager und hat vielfältige Erfahrungen im Bereich des Stadtmarketing, der Eventgastronomie und Veranstaltungsplanung gesammelt. Das Schlossfestival ist eine gemeinsame Initiative der Bruchsaler Tourismus, Marketing und Veranstaltungs GmbH, der Stadt Bruchsal und der Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick zur Förderung städtischer Veranstaltungsreihen. Sie ist Teil des städtischen Marketingkonzeptes.  

Ein starkes Stück bei einem Defizit, das man so ganz nebenbei mit 900.000 Euro bezifferte, wobei auffallen muss, dass in der Pressemitteilung das Defizit nicht in Zahlen geschrieben wurde, die ja sofort ins Auge stechen. Nein, man hat die Summe in Worte gefasst und damit – wohl mit Absicht – nahezu unscheinbar im Text versteckt:

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