26.7.23 | Bruchsaler Gemeinderat umgeht offene Diskussion zum finanziellen Debakel des Schloss-Festivals
Eines war besonders auffällig bei der gestrigen Gemeinderatssitzung: Während in fast jedem Redebeitrag zu fast jedem Tagesordnungspunkt die vortragenden Offiziellen der Stadt aus allen Ämtern mit einem gehörigen Lob für ihre ausgezeichnete Arbeit beglückt wurden, musste der Geschäftsführer der BTMV nach der Vorstellung seines Betriebsergebnisses für das vergangene Jahr auf solche Lobeshymnen verzichten.
Während er sich selbst in einer Pressemitteilung der BTMV trotz des finanziellen Desasters, das er zu verantworten hat, noch als „erfahrenen Eventmanager mit vielfältigen Erfahrungen im Bereich des Stadtmarketing, der Eventgastronomie und der Veranstaltungsplanung“ hat feiern können, wurden ihm solche Ehrungen seitens des Gemeinderats versagt. Es blieb ihm, der immer den erfolgsverwöhnten Strahlemann gab, nichts anderes übrig, als diese deutliche Form der Wertschätzung mit stoischer Miene über sich ergehen zu lassen.
Das einzige Ziel dieser Debatte war, die Formalie „Absegnung des Jahresschlussrechnung durch den Gemeinderat“ möglichst schnell und geräuschlos über die Bühne zu bringen. Darin waren sich wohl alle anwesenden Akteure aus Gemeinderat und Verwaltung einig, möglicherweise wurde dies bereits im Vorfeld vor allem im Aufsichtsrat so verabredet. Das von der FDP-Fraktion gewünschte Ziel, Transparenz bei der Abrechnung des Schloss-Festivals herzustellen, wurde dabei aber verfehlt, wenn es denn überhaupt je angepeilt wurde.
Es gab keine einzige kritische Nachfrage zu den Hintergründen des Verlustes, keine Anmerkung zu den eventuellen Schattenhaushalten, in denen möglicherweise weitere Defizite versteckt wurden, um das Desaster wenigstens in der Öffentlichkeit unter der Millionengrenze zu halten. Keine Aufklärung zur Frage, auf welchen Geschäftsfeldern jetzt die Erlöse erwirtschaftet werden sollen, um die verbleibenden Kredite abzutragen. Keine Vorstellung, wie dabei die in der Pressemeldung der BTMV großspurig verkündete Zusage, dass dadurch Stadtsäckel und Steuerzahler nicht belastet würden, umgesetzt werden kann. Und: Es gab nicht einen einzigen Hinweis dazu, ob und wie lange der Geschäftsführer angesichts dieser eindeutigen Fehlleistung überhaupt noch haltbar ist. Ob ihm nicht dasselbe Schicksal droht wie den ebenso erfolgreichen Managern von Stadtwerken und City-Management, wird abzuwarten sein. Auszuschließen ist das bei der allgemeinen Sprachlosigkeit des Gemeinderats in dieser Sache nicht.
Unabhängig von dieser seit langem umstrittenen Personalie muss festgehalten werden: Der Gemeinderat hat sich seiner Aufgabe, Verwaltung und das Verhalten der städtischen Tochtergesellschaft in einer offenen Diskussion zu hinterfragen, schlicht und einfach entzogen. Und zwar in der Gesamtheit seiner anwesenden Mitglieder. Die wenigen Ansätze kritischer Betrachtung können über dieses Manko der gestrigen Sitzung nicht hinwegtäuschen, auch wenn zum Beispiel gesagt wurde, das Festival sei mutig und schön, aber eine Hausnummer zu groß gewesen. Immerhin.
Dagegen wurde aber vorgetragen, Kunst und Kultur kosten eben Geld. Oder: Das Festival habe doch den Marketing-Wert der Stadt gesteigert. Immerhin: Zwischen all diesen nichtssagenden Plattitüden gab es doch die eine oder andere – eher kryptisch vorgetragene – Bemerkung, zum Beispiel dass die BTMV eigentlich keine Eventagentur sei und sich lieber auf das Kerngeschäft konzentrieren solle, die Vermarktung des Bürgerzentrums, die Pflege der Parkgaragen und des Wohnmobilplatzes und die Förderung des Tourismus. Auf all diesen Feldern seien jetzt eben größere Gewinne zu erzielen. Oder der Hinweis, man solle künftig solche Veranstaltungen zwei Nummern kleiner planen und sich lieber um Wettbewerbe für junge Musiker oder so kümmern. Und dabei bekam dann die Oberbürgermeisterin klammheimlich auch eine schallende Ohrfeige mit der Bemerkung, man könne jetzt den Ehrgeiz ablegen, Bruchsal in einer Liga mit Salzburg und Bayreuth zu verorten, eine Formulierung, die das Bruchsaler Stadtoberhaupt im Vorfeld des Schlossfestivals von sich gegeben hatte. Und dann gab es noch den Hauch von Satire mit der Bemerkung, immerhin sei das Festival „auch finanziell dem Zeitalter des Barock gerecht“ geworden.
Trotz all dieser Randbemerkungen hat es der Gemeinderat versäumt, für die Öffentlichkeit wenigstens ein kleines Stück finanzieller Transparenz einzufordern. Und damit muss der Gemeinderat damit klar kommen, dass er ein Stück Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit verspielt hat, denn in weiten Bereichen der Stadtgesellschaft gibt es für dieses Verhalten überhaupt kein Verständnis. Die Entschuldigung, der Gemeinderat trage ja mit seiner früheren überwältigenden Zustimmung zu dem Projekt selbst einen gehörigen Teil der Verantwortung, zieht da nicht mehr. Ein Stück öffentliche Selbstkritik hätte dem Gremium und seinen Mitgliedern gut zu Gesicht gestanden.
Das Fazit der Oberbürgermeisterin, diese Diskussion habe bewiesen, dass man im Gemeinderat „in schwierigen Zeiten zusammenstehe“ spricht für sich. Es gab keine Gegenstimmen, nur zwei Enthaltungen.